"Angebot", 2022, Installation/ Ständer und 10 Leinwände 30 x 20 cm
Eine Besonderheit der Künstlerin Maria Magel ist es, dass sie in verschiedenen Medien zu Hause ist. Sie ist bekannt als Bildhauerin in Gips, Bronze, Beton und Stein, doch ebenso bedeutend sind ihre gegenständlichen Bilder, die figürliche und pflanzliche Themen behandeln. In der Skulptur wendet sie sich gerne dem Fragment bzw. dem Torso zu und in der Malerei sind es oft die Details und Strukturen, die sie faszinieren. Wurzelnd auf einer soliden handwerklichen Basis ist es eine Haltung der Offenheit und des Forschergeistes, die ihre Arbeit prägt. Unter ihren verschiedenen Werkgruppen sind im Laufe der Zeit unweigerlich Wechselwirkungen entstanden, beispielsweise wenn sie die menschliche Figur sowohl im Zwei- als auch im Dreidimensionalen behandelt.



In der Serie "Angebot" setzt sich die Künstlerin fröhlich und frei über die medialen Grenzen hinweg und schafft auf hybridem Wege ein Kunstwerk von großer Aussagekraft. Eigene Bilder weiblicher Figuren werden ausgeschnitten und schablonenhaft auf einem strukturierten und mit Farbe bearbeiteten Pappuntergrund aufgebracht. Im Anschluss werden das Motiv und sein Hintergrund malerisch und graphisch gestaltet, das Ganze wird digital aufgenommen und am Computer weiterbearbeitet. Hier ergreift sie weitere Möglichkeiten, Farbe und Gesamtcharakter des Bildes zu verändern. Durch Reproduktion auf Leinwand erhält das in diesem komplexen intermedialen Vorgehen entstandene Bild schließlich seine Endgültigkeit.



Mit unbändiger Schaffensfreude schöpft die Künstlerin die Möglichkeiten der ihr zur Verfügung stehenden Techniken aus und entwickelt im Arbeitsprozess neue Ausdrucksweisen. Wie die Künstler der Pop Art greift sie auf das Prinzip der Produktionsreihe zurück, mit dem die Herstellungsweisen im industriellen Zeitalter reflektiert werden. Kunst ist immer ein Spiegel der Zeit, und Künstler geben mit der gewählten Ausdrucksweise Aspekte gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse wieder. So geht Maria Magel mit ironischem Augenzwinkern auf das Phänomen des Vermarktungsdrucks ein, das die Konsumgesellgesellschaft prägt und all ihre Akteure, auch die Künstler, erfasst. Die Präsentation der zehn Leinwandbilder wird zum originellen Bestandteil einer Installation, die ein Ready-Made einschließt: ein Prospektständer, wie er uns aus dem Handel bekannt ist, findet seine neue Bestimmung für das "Angebot" der zehn Frauenbilder.
Die Serie ist motivisch und technisch verwandt mit der für eine Ausstellung bei der GEDOK im Jahr 2017 entstandenen Serie von Bildern mit dem Titel "Boxenluder", in der sich nackte Frauen selbstbewusst in einem vorgegebenen Raster präsentieren.



Bei der Serie "Angebot" hingegen spielen Maria Magels weibliche Akte, meist Torsi, auf das häufige Erscheinen der weiblichen Figur in der Kunstgeschichte an, im Laufe derer sie seit Jahrhunderten für die Attraktivität der Bilder sorgt und die Meisterschaft der Autoren veranschaulicht. Neben unbekannten Figuren erscheinen in Maria Magels "Angebot" auch Bildzitate aus Werken berühmter Vorläufer wie beispielsweise Sandro Botticelli (Die Geburt der Venus, ca. 1485/86) und Henri Matisse (Papierschnittserie "Nu bleu", 1952).



Beim Erschaffen von Werken, einem intensiven Dialog mit dem Material, beschäftigt sich Maria Magel stets mit den elementaren künstlerischen Fragen von Form, Volumen und Struktur. Gleichzeitig findet Konzeptionelles und Inhaltliches, oftmals einer originellen Eingebung Entsprungenes, Eingang in die Arbeit. So kann man im weiblichen Körper als Motiv ihrer Kunst eine Projektionsfläche für Überlegungen zu den vielfältigen Facetten der Rolle der Frau sehen. Wenn es sich, wie bei "Angebot", teils um Zitate aus berühmten Gemälden handelt, geht es speziell auch um die Frau als Motiv der Kunst.



Mit der Präsentationsform in einem Ständer lädt die Künstlerin ihr Publikum dazu ein, aktiver Bestandteil der Kunst zu werden. Das herrschende Prinzip "Bitte nicht berühren" kehrt sie um, indem sie Betrachtende dazu auffordert, die Bilder in die Hand zu nehmen, eine persönliche Auswahl zu treffen und sie ungehemmt und nach eigenem Wunsch neu zu arrangieren. Im Zeitalter der Dating-Plattformen bedeutet Sortieren und Auswählen schließlich nichts Ungewöhnliches.
Ironisch nimmt die Künstlerin auf die neuen digitalen Kontaktbörsen Bezug. "Offline-Dating" heißt folgerichtig der Titel einer ein Jahr später (2023) entstandenen Ständer-Installation mit 10 Leinwänden, in der sie das für "Angebot" (2022) entwickelte Prinzip wiederholt und weiterentwickelt. Dieses Mal bestückt sie den Ständer in Anlehnung an die in den Social Media eingesetzten Porträts ausschließlich mit Köpfen. Auch hier gibt es Bezüge zur Kunstgeschichte, beispielsweise zu der für Horst Antes typischen Kopfkontur oder zur Darstellungsweise des Kubismus.
